Die Anreise über Reims, Compiegne, Honfleur


 (Karten und einige Fotos zum Vergrößern anklicken)

Flaggebreton.gif (1632 Byte)

Am Vorabend der Abfahrt teffen die Tour-Starter in Lebach (bei Saarbrücken) ein. Hier wohnt unser Clubvorsitzender Hardy und von hier wollen wir unsere gemeinsame Tour beginnen. Ulla und Hardy verwöhnen die Ankommenden mit Kulinarischem; mit Hoch- und Niederpozentigem stoßen wir auf einen guten Reiseverlauf an. Brigitte und Arno, die wegen Brigittes neuem Job nicht mitfahren können, trinken aus Kummer mit. Christel und Peter, die zur Zeit noch in Ungarn sind, werden sich erst in Frankreich mit uns treffen – wahrscheinlich am 1. oder 2. Juli.

Die Gemütlichkeit des Abends wird nur unterbrochen von hin- und herhastenden arbeitswilligen Männern, die zu Günthers und meiner Freude eine neue Matratze für unser Womobett heranschleppen (auf der ich himmlisch zu schlafen gedenke) und unseren CB-Funk auf Vordermann bringen (damit wir als Hintermann bei der Fahrt nicht verloren gehen) und was-weiß-ich-was-sie-sonst-noch-tun-und-schaffen.

Bevor der neue Tag beginnt, ziehen wir uns zurück, um an der neuen Matratze zu horchen (ich habe nix gehört außer Günthers Schlafmusik).

Freitag, 29. Juni

Et jeht loss! Fronkreisch, wir kommen! Nous sommes en tournée vers la Bretagne! Vive la France!

Gut gelaunt nehmen wir mit unseren Straßenschiffen auf der Tholeyer Straße Aufstellung.

  • An der Spitze: Mrs Vice President und Mr. President
  • in der Mitte: Franca und Pierre
  • und hintendran: Jünni un Jabi

Der Tourenverlauf für heute wird kurz abgestimmt:

Lebach - Saarbrücken - Metz - Reims - Compiegne - Beauvais - Rouen

Start der Tour mit leichter Verspätung, aber noch im grünen Bereich. Und dann beginnt das CB-Funk-Spektabel (hörst du mich / hör ich dich / hör ich überhaupt was usw.). - O-Ton Günther: Keiner spricht mit mir!

Um 10 sind wir in Lothringen; die ersten französischen Vokabeln wirken auf uns ein.

An der ersten Bezahlstation - bei Boulay - stehen wir lange an, um die französische Staatskasse zu bereichern - um wieviel, das werden wir erst bei der nächsten Abrechnung der Kreditkarte erfahren.

Das lothringische Land präsentiert sich im Sonnenschein; Wälder, Kornfelder, kleine Ortschaften fliegen an uns vorbei. Und: "Meine Damen, schauen Sie rechts: Sehen Sie den Buntsandstein? Erklären Sie die Bodenbeschaffenheit in Elsass-Lothringen!" - kommt mir mein Geographielehrer bei der Unterprimafahrt anno 1967 in Erinnerung.

Wir umfahren Metz und kommen an Verdun vorbei, dem wir keinen Besuch abstatten wollen, um die heutige Tour zügig zu gestalten. Mit Ehrfurcht schauen wir auf die blutgetränkte Landschaft, die heute so viel Frieden atmet. Vor über 80 Jahren war hier ein höllisches Chaos, in dem fast 700000 Menschen ihr Leben verloren.

Auf der A4 Richtung Reims, die zum Gähnen langweilig ist - Felder, Felder, Felder, werden die Autofahrer durch Kunst am Straßenrand wach gehalten. Wir fahren durch die Champagne, aber ich sehe weit und breit kein Gläschen Sekt! Unbegreiflich!

Bei einer kleinen Mittagsrast bringt Pierre mein Weltbild wieder in Ordnung - mit einem Piccolo! Pierre, Du bist ein Mann, der weiß, wie man Frauen verwöhnt!

Über unendliche Landstraßen gelangen wir am späten Nachmittag nach Rouen, wo wir am Quai de Paris einen ruhigen Stellplatz an der Seine finden (Richtung Centre Ville, dabei Seine-Brücke überqueren, dann nach rechts, über die nächste Seine-Brücke wieder zurück ans rechte Ufer, wieder rechts, dann nach ca. 300 m abbiegen zum Flussufer hinunter; hier liegen Lastkähne vor Anker).

Nach einer kurzen Verschnaufpause machen wir uns auf den Weg ins Centre Ville, das ca. 500 m von unserem Stellplatz entfernt ist.

 

Rouen, ehemals Hauptstadt des Herzogtums und der königlichen Provinz Normandie, ist heute die Hauptstadt des Departements Seine-Maritime und immer noch die bedeutendste Stadt der Normandie. Es geht auf eine keltische Ansiedlung zurück, die Römer machten es zu einer Garnisonsstadt und die Christen schon um 260 zu einer Bischofsstadt (im 8. Jh. wurde der Bischof dann zum Erzbischof befördert). Im 9. Jh. statteten die Normannen der Stadt so oft recht unfreundliche Besuche ab, dass die Einwohner schließlich erst das Handtuch und dann sich selbst unterwarfen. Von diesem Stützpunkt aus tyrannisierten die räuberischen Nordmannen dann das Umland. 911 sah sich der westfränkische König Karl der Einfältige zu einem Vertrag mit dem Normannenführer Rollo gezwungen, in dem die normannische Besiedlung an der Seinemündung sanktioniert wurde. Das Jahr 911 gilt daher als Gründungsjahr der Normandie (und Karl seither als einfältig?).

Das bekannteste Kapitel der Stadtgeschichte (Stadtrechte übrigens seit dem 12. Jh.) wurde im 15. Jh. geschrieben, als Rouen nach siebenmonatiger Belagerung von den Engländern eingenommen wurde. Im Jahre 1430 wurde nämlich die den Engländern ausgelieferte Jeanne d'Arc nach Rouen geschafft. Die "Jungfrau von Orleans" wurde zur französischen Nationalheldin. Die in Domrémy-la-Pucelle um 1412 geborene Tochter wohlhabender Landleute fühlte sich berufen, im Hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich französische Heere zum Sieg zu führen. Sie befreite 1429 Orleans und geleitete Karl VII. zur Königskrönung nach Reims.

1430 wurde die in Männerkleidung mutig "kämpfende Stimme Gottes" von Burgundern gefangen genommene und den verbündeten Engländern ausgeliefert. Von einem kirchlichen Gericht in Rouen wurde sie als Ketzerin und Zauberin zu lebenslanger Haft verurteilt und nach Widerruf der Reue in einem weltlichen Verfahren als rückfällige Ketzerin am 30. Mai 1431 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. 1449 fiel Rouen endgültig an Frankreich zurück, und 7 Jahre später wurde das Urteil gegen Jeanne d'Arc aufgehoben.
Traurig, traurig, diese Geschichte, aber nun ist Jeanne wenigstens eine Heilige (seit 1920), und man hat ihr auf dem Hinrichtungsplatz eine wirklich beeindruckende Kirche gebaut.
Nun also wieder zu unserer Sigtseeing-Tour. Nach kurzem Fußweg (Quai de Paris bis zur Pont Corneille, dann einbiegen in die Rue de la République) befinden wir uns in der wunderschönen Altstadt von Rouen. Da wir allmählich ein Sehnen nach Nahrung verspüren, sagen wir uns: Kultur mit leerem Magen fällt schwer! - und setzen uns im Ange-sicht der Kathedrale in einem Open-Air-Bistro nieder, um unsere niederen Bedürfnisse zu stillen. Lukullus wäre übrigens nicht ganz zufrieden mit dem Angebot gewesen, aber wir sind alle satt geworden.
Die Kathedrale ist nach unserem Abendessen leider schon geschlossen, und so begnügen wir uns vorerst mit einer Außenbesichtigung der in der Zeit von 1201 bis 1530 errichteten Kirche, die ein Denkmal aller gotischen Stilepochen darstellt.
Die schöne Fassade der Kathedrale setzt sich baugeschichtlich zusammen aus den Zonen der beiden Seitenportale, die zum Teil noch von einer früheren, romanischen Kirche stammen, aus der Zone des Hauptportals, die zu Beginn des 16. Jh's geschaffen wurde, und aus den über den Portalen sich erhebenden Teilen, die zwischen 1370 und 1420 entstanden. Hinzu kommen noch die beiden flankierenden Türme. Der höchste Turm (zugleich der höchste Frankreichs) ist mit 151 m der Vierungsturm (im wesentlichen aus dem 13. und 16. Jh.), dessen hölzerne, mit Blei belegte Spitze 1876 durch eine Eisenkonstruktion ersetzt wurde. Der Impressionist Manet war von der Fassade der Kathedrale so fasziniert, dass er sie 40 Mal in den verschiedensten Licht- und Farbwerten malte.

rouencathe.jpg (82659 Byte)

rouen1.jpg (109804 Byte) rouen2.jpg (70820 Byte) rouen3.jpg (54192 Byte)

Claude Oscar Manet

Kathedrale von Rouen (1894), Louvre, Paris

Nach gebührender Bewunderung dieses - übrigens statisch nicht unproblematischen - gotischen Bauwerkes setzen wir unseren Spaziergang fort und biegen in die Rue du Gros Horloge direkt gegenüber dem Hauptportal ein. Wie der Name schon sagt, steht in der Mitte der Straße ein großer Uhrenturm. Wunderschöne Fachwerkhäuser säumen die Straße, die als die Flaniermeile Rouens gilt, weil es hier schöne Geschäfte und viele hübsche Restaurants gibt.

wpe57.jpg (83726 Byte)

Wir überqueren die Rue Jeanne d'Arc und gehen weiter bs zur Place du Vieux Marché, wo ein 27 Meter hohes Kreuz die Stelle markiert, an der 1431 Jeanne d'Ars hingerichtet wurde.

Die zu Ehren der Heilien Johanna von Orléans errichtete Kirche ist ein beeindruckendes Beispiel moderner Kirchenarchitektur mit einer wunderschönen Fensterfront, die die gesamte Nordseite einnimmt. Mit Ehrfurcht nehmen wir den vor dem Hauptportal in eine Mauer gemeißelten Satz in uns auf:

Jeanne sans sépulcre et sans portrait, toi, qui savais que le tombeau des héros est le cæur des vivants.

Johanna - ohne Grabmal und ohne Bild, Du wusstest, dass das Grab der Helden das Herz der Lebenden ist.

Nachdenklich machen wir kehrt und spazieren gemächlich durch die romantischen Sträßchen der Altstadt zurück zum Seineufer.

Weitere Sehenswürdigkeiten in Rouen:

  • Abteikirche Saint-Ouen.
  • Kirchen Saint-Maclou, Saint-Patrice, Saint-Vivien .
  • Justizpalast (hebräische Funde)
  • Saint-Maclou-Beinhaus
  • Museum "Jeanne d'Arc"
  • See- und Flusshafen

Pierre sorgt für einen beschaulichen Ausklang unseres ersten Urlaubstages: Im warmen Licht der langsam untergehenden Sonne sitzen wir an der Seine vor dem Bären-Womo, genießen das ein oder andere Gläschen Sekt und besprechen unsere Pläne für den nächsten Tag.

Samstag, 30. Juni 2001

Die Nacht war ruhig am Quai de Paris.
Nach dem Frühstück gehen Ulla, Günther und ich noch einmal zur Kathedrale, um nun doch noch einen Rundgang durch den Innenraum zu machen.
Besonders beeindruckt haben mich vor allem die wunderbaren Proportionen des Kirchenraumes. Die Ausstattung dagegen ist - bis auf einige wirklich schöne Fenster - weniger bemerkenswert.
Unter dem Chor der Kathedrale sind Teile der Krypta freigelegt worden, die zu der 1063 geweihten romanischen Kirche gehörten (Führungen während der Oster- und Sommerferien werktags um 10, 11, 14.15, 16 Uhr, soontags nur am Nachmittag und außerhalb der Ferien nu samstags und sonn- und feiertags um 14.15, 5 und 16 Uhr). Öffnungszeit der Kathedrale: 7.30 - 12 und 14 - 19 Uhr.
Gegen 11 Uhr verlassen wir Rouen und fahren weiter nach Honfleur, wo wir bis morgen bleiben wollen. Kurz vor der Einfahrt in den Ort bewundern wir rechts der Straße die gewaltige Pont de la Normandie, die als der Stolz der europäischen Brückenbauer gilt.
Den großzügig angelegten Wohnmobilstellplatz von Honfleur sieht man sofort bei der Ortseinfahrt rechterhand. Für 50 FF/24 Std. kann man hier ruhig und auch recht idyllisch am Bassin de l'Est stehen.

 

Die Sonne strahlt, ein leichter Wind geht. - Wir beschließen, erst einmal Mittagspause zu machen - jeder auf seine Weise. Die Männer fummeln an unserem Womo herum - (was kann es denn Schöneres geben???), Ulla sitzt leicht gewandet in Mutter Grün und strickt etwas wunderbar Beigefarbenes (sie sieht aus, als wäre sie zufrieden - kann es denn Schöneres geben???), und ich sitze auf einem Poller am Bassin, das ein Teil des Hafens ist, und schreibe meine Reisememoiren (ja, was kann es denn Schöneres geben???).
Am Nachmittag bummeln wir durch das romantiche Honfleur und genießen - gemeinsam mit Heerscharen von anderen Touristen (wo sind eigentlich die Japaner geblieben?) den Zauber dieses Hafenstädtchens, das am Mündungstrichter der Seine und am Fuß der Côte de Grâce gelegen ist. Von Honfleur liefen im 16. und 17. Jh. die Schiffe berühmter Seefahrer und Kolonisatoren aus, und im 19. Jh.entdeckten die Romantiker der Literatur und die Impressionisten der Malerei das Örtchen. Dieses Honfleur der Dichter und Maler existiert im Wesentlichen noch heute.
Den besten Blick auf den malerischsten Teil der Stadt hat man an
der Ecke Rue Montpensier / Quai St-Étienne aus auf das Vieux Bassin, die alten schiefergedeckten Häuser des Quai St-Cathérine und die Lieutenance, die der Rest eines Kastells ist und gegen Ende des 17. Jh's Sitz des Lieutenant du roi wurde.


Honfsmal.jpg (54830 Byte)

 

Wir schlendern gemütlich um das alte Hafenbecken herum, dann am neuen Hafen vorbei und durch die Sträßchen der Altstadt. Die Atmosphäre dieses zauberhaft schönen Ortes könnte mich sicher noch mehr verzaubern, wenn hier nicht so ein Rummel herrschen würde.

Nach wie vor leben viele Künstler in Honfleur, was sich in der großen Anzahl der Galerien und Kunstgewerbeläden deutlich zeigt.

 wpe3E.jpg (21598 Byte) wpe3D.jpg (52567 Byte)

In der ganz aus Holz erbauten Kirche Sainte Cathérine aus dem 15. Jh. findet gerade eine Trauung statt; mit leicht verklärten Augen schauen Ulla und ich auf das Spektakel in dem romantischen Ambiente (Träääänenschocker!!!).

wpe47.jpg (59581 Byte)  wpe4C.jpg (10399 Byte)

wpe4B.jpg (68018 Byte) 

Neben der Kirche steht der ebenfalls aus
Holz errichtete Glockenturm.
 

Der durch die große Zahl von Fenstern sehr lichte Kircheninnenraum ist übrigens rundherum mit einer bunten Fahnengirlande geschmückt, was ihm eine besonders fröhliche Atmosphäre verleiht, die durch die vielen – in Frankreich übrigens häufig auch bunten – Kerzen vor den Heiligenbildern und –statuen noch verstärkt wird.

Weitere Sehenswürdigkeiten von Honfleur:

  • Salzspeicher
  • Kirche Saint-Léonard
  • Museen Eugène Boudin und Alt-Honfleur
  • Côte de Grâce und Kapelle, Naturschutzgebiet und Aussichtpunkt

Am Abend sitzen wir lange in der warmen Abendsonne draußen vor dem Wohnmobil und genießen den lauen Wind und den Blick auf das Bassin de l'Est und Honfleur.

wpe4F.jpg (83831 Byte) 

FORTSETZUNG - MONT SAINT MICHEL